Den Löffel abgeben – eine Redewendung mit Geschichte
- Carmen Heller
- 31. Juli
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 2. Aug.
Wie der persönliche Löffel zum Symbol des Lebens wurde – und warum man im Mittelalter lieber keine Gabel benutzte.
Friesach, 13. Jahrhundert. Rauch steigt von der Herdstelle auf, der Eintopf aus Kraut und Gerste gart vor sich hin. Am Tisch sitzt man beisammen, doch ein Löffel bleibt unbenutzt – der Großvater hat ihn abgegeben, endgültig. Der Platz am Tisch ist leer, und der Löffel wartet darauf, weitergereicht zu werden.
Was bedeutet „den Löffel abgeben“?
Wenn heute jemand „den Löffel abgibt“, ist damit klar: Diese Person ist gestorben. Doch woher stammt diese eigenwillige Formulierung? Ihre Wurzeln reichen weit zurück – ins Mittelalter, wo das Essbesteck eine weit größere Bedeutung hatte als heute.

Der Teufel und die Gabel
Im mittelalterlichen Volksglauben galt der Dreizack als Symbol des Teufels. Kein Wunder also, dass man dreizinkige Gabeln mit Argwohn betrachtete. Wer fromm war, mied die Gabel und aß lieber mit den Fingern, mit dem Messer – oder mit einem Löffel.
Der Löffel war dabei mehr als bloß ein Gebrauchsgegenstand. Gerade in ärmeren Haushalten besaß jedes Familienmitglied nur einen einzigen eigenen Löffel, mit dem Suppe, Brei und Eintopf gegessen wurde. Dieser wurde nach der Mahlzeit gereinigt und auf einem hölzernen Löffelbrett aufbewahrt – oder, bei Handwerkern und Reisenden, sogar am Gürtel getragen.

Ein persönlicher Gegenstand – ein Symbol fürs Leben
Der eigene Löffel war ein lebenslanger Begleiter. Starb jemand, wurde sein Löffel weitergegeben – meist an ein Kind oder Familienmitglied, das bisher keinen eigenen besaß.
So entstand der Ausdruck „den Löffel abgeben“ als Umschreibung für das Lebensende. Der Tod bedeutete nicht nur das Ableben, sondern auch das symbolische Weiterreichen eines Lebensplatzes in der Gemeinschaft.
Diese Geschichte zeigt, wie stark Sprache, Alltag und Glaube einst miteinander verknüpft waren – und dass auch scheinbar harmlose Redewendungen tief in der Kulturgeschichte wurzeln.
Über mich
Ich bin Carmen Heller – Historikerin, Kulturvermittlerin und Gründerin von Wortkultur. Ich liebe es, scheinbar Alltägliches mit Geschichte zu füllen – ob bei Stadtführungen, in Blogartikeln oder auf Social Media. Denn unsere Sprache ist voll von kleinen Zeitreisen.
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