Kulturwohnzimmer Friesach
- Carmen Heller

- vor 6 Tagen
- 4 Min. Lesezeit
Zwischen Geschichte, Kunst und neuen Begegnungen
Am 18. Oktober wurde in Friesach ein besonderer Ort eröffnet, der Kultur, Austausch und Begegnung miteinander verbindet: das Kulturwohnzimmer Friesach im historischen Maydhaus.
Unter dem Motto „Sand“ begann der Abend mit Worten, Musik und vielen inspirierenden Gesprächen, ein Auftakt, der Lust auf mehr macht.
Das Maydhaus – ein Ort mit Geschichte

Mitten im historischen Zentrum von Friesach liegt das Maydhaus – umgeben vom einzigen noch wasserführenden Stadtgraben Kärntens.
Seine Ursprünge reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück. Das Bauwerk zählt damit zu den ältesten noch erhaltenen Gebäuden der Stadt und wurde im Lauf der Jahrhunderte mehrfach erweitert und umgestaltet.
Seinen heutigen Namen verdankt es der Familie Mayd, die das Haus von 1883 bis 1947 besaß. Besonders Maria Mayd und ihre Tochter Emilie Maria Mayd prägten diese Zeit als langjährige Eigentümerinnen. Ihre Namen haben sich über Generationen hinweg mit dem Gebäude verbunden.
Der erste namentlich bekannte Besitzer war allerdings schon im Jahr 1600 belegt: Hans Khuttner, ein Seidennäher, dessen Erwähnung auf die handwerkliche Prägung der Umgebung hinweist.
2019 erwarb Axel Leitner das Gebäude und ließ es gemeinsam mit dem Architekten Hannes Wachernig (plansprechend), Baumeister Cristian Odoleanu sowie einem engagierten Team lokaler Handwerksbetriebe – darunter Installateur Sandro Pusar und Elektrotechniker Thomas Jung – behutsam revitalisieren.
Dabei entstand nicht nur neuer Wohnraum, sondern auch Raum für Kultur – ein Ort, an dem das historische Erbe Friesachs auf zeitgemäßes Leben trifft.



„Sand“ als Thema – ein Abend mit vielen Stimmen im Kulturwohnzimmer Friesach
Der Abend stand unter dem Thema „Sand“ – ein Sinnbild für Zeit, Vergänglichkeit und Neubeginn. Den Auftakt machte Katja Leitner-Neumann mit einem selbst verfassten Text über Neubeginn, Wandel und die Kraft gemeinsamer Projekte. Ihre Worte schufen sofort eine ruhige, offene Atmosphäre, den passenden Rahmen für einen Abend, der zum Zuhören , Weiterdenken und gemeinsamen Ideen-Schmieden einlud.
Während sich Stimmen, Texte und Gedanken abwechselten, schuf der Perkussionist Sebastian Haidutschek mit seiner Tabla, einem indischen Trommelpaar, eine besondere Klangstimmung. Die feinen, sich überlagernden Rhythmen füllten den abgedunkelten Raum und ließen das Publikum ganz in den Moment eintauchen. Haidutschek studierte das Instrument mehrere Jahre in Indien bei großen Meistern der Guru-Shishya-Tradition – eine Erfahrung, die in seinem Spiel spürbar nachklang.
Silvano Kobald, Psychologe und Autor, las eine Geschichte aus seinem 2024 erschienenen Buch „Teeschale und Stacheldraht“, in dem er in präziser, poetischer Sprache von Entfremdung, Erinnerung und den Bruchstellen der modernen Welt erzählt. Für seine Kurzprosa wurde er mit dem Anerkennungspreis des Landes Kärnten ausgezeichnet. Gemeinsam mit Sebastian und Rhonda, die Passagen daraus mitlasen, entstand eine improvisierte Lesung, in der der Text durch die verschiedenen Stimmen eine neue, vielschichtige Form erhielt.


Die in Friesach geborene Autorin Rhonda Lamberty, Trägerin des Newcomer-Literaturpreises des Landes Kärnten, las anschließend ein Fragment aus ihrem Buch „Die Kunstlinde“, das 2026 erscheinen wird. Darin schreibt sie über Sand, der aus dem Bachbett der Görtschitz geschwemmt wird – ein Bild, das Kindheitserinnerungen weckt und zugleich auf die ökologische Dimension hinweist, dass Sand als Baumaterial immer knapper wird. Ihr Text verband persönliche Erinnerung mit Umweltbewusstsein und poetischer Beobachtung.

Kultur im Entstehen – ein Raum für Austausch und Zukunft
Nach den künstlerischen Beiträgen blieb der Abend lebendig. Es wurde gesprochen, gelacht, nachgefragt – über Literatur, Musik, Friesach und mögliche gemeinsame Projekte. Bei einem kleinen Buffet kam man ins Gespräch, tauschte Eindrücke aus und schmiedete neue Ideen. So entstanden bereits erste Gedanken für Lesungen, Gesprächsrunden oder kleine Konzerte – Formate, die Kunst und Begegnung miteinander verweben.

Das Kulturwohnzimmer Friesach versteht sich nicht als Veranstaltungslokal im klassischen Sinn, sondern als offener Raum, in dem Kultur wachsen darf – im Gespräch, im Austausch, im gemeinsamen Tun. Ein Ort, an dem Projekte entstehen können, an dem man sich begegnet, zuhört, ausprobiert und vielleicht etwas Neues wagt.

Auch von meiner Seite sind bereits Gedanken im Entstehen – etwa, wie sich meine Friesacher Führungen mit kleinen Salonformaten verbinden oder Wortkultur-Abende im Kulturwohnzimmer gestalten lassen. Wenn sich daraus konkrete Ideen ergeben, werde ich sie natürlich hier vorstellen.
📍 Kulturwohnzimmer Friesach
Fürstenhofgasse 12
9360, Friesach
Über die Autorin
Carmen Heller ist Historikerin, Kulturvermittlerin und staatlich geprüfte Fremdenführerin. Mit ihrem Unternehmen Wortkultur – Geschichte aus Leidenschaft bietet sie Stadtführungen, Themenführungen und kulturhistorische Projekte in Friesach, Althofen und der Region Mittelkärnten an.Ihr Schwerpunkt liegt auf der Verbindung von Geschichte, Sprache und lebendiger Erzählkunst – in Führungen ebenso wie in ihren Texten und Projekten.
Wow! 👌🏻 Ein sehr gelungenes feines Projekt! Ich wünsche dem Vorhaben guten Zuspruch und stete Entwicklung. Man kann echt gespannt sein, was sich da unter deiner kreativen Leitung fortpflanzt.
Vielen Dank auch für die inspirierenden Beiträge in deinem Newsletter!
Liebe Grüße
Elisabeth 🪻